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Infoblatt London


Eines der wichtigsten Kultur-, Finanz- und Handelszentren der Welt


Lage und Kennzahlen

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Kurze Geschichte der Stadtentwicklung

880 v. Chr. wird die britische Insel von Kelten besiedelt, vermutlich auch im Bereich des heutigen Londons. Eindeutige Spuren einer dauerhaften keltischen Siedlung wurden bislang nicht gefunden. Römische Truppen eroberten Britannien und gründeten die Siedlung Londinium im Jahr 43 n. Chr. Archäologische Funde untermauern diese Annahme. Beim Neubau "No 1 Poultry" in der City of London wurde eine römische Wasserleitung entdeckt. Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass der Fund aus dem Jahre 47 n. Chr. stammt und heute als Gründungszeitpunkt von London gilt. Im Jahr 410 n. Chr. ziehen die letzten römischen Legionen aus Britannien ab. London wurde der kelto-romanischen Bevölkerung überlassen. Die germanischen Stämme der Angeln und Sachsen eroberten im 5. und 6. Jahrhundert die Insel. Im ausgehenden 9. Jahrhundert erfolgten mehrere Angriffe der Wikinger, die jedoch durch den angelsächsischen König Alfred der Große beendet wurden. Anfang des 9. Jahrhunderts geriet die Siedlung unter die direkte Herrschaft der englischen Könige. London entwickelte sich zu dieser Zeit zu einem bedeutenden Handelszentrum. Die angelsächsische Herrschaft wurde 1066 durch den normannischen Wilhelm der Eroberer beendet. London wurde befestigt, u. a. entstand zu dieser Zeit die noch heute existierende Befestigungsanlage White Tower of London. Die erste steinerne Brücke über die Themse, die London Bridge, wurde 1176 gebaut. Mehr als 600 Jahre existierte diese Brücke und war bis Mitte des 18. Jahrhunderts die einzige Themsebrücke im Zentrumsbereich. Im späten Mittelalter erlebte die Stadt durch Handel und Gewerbe einen Aufschwung. Die Einwohnerzahl stieg von ca. 15.000 Menschen (11. Jh.) auf 80.000 (13. Jh.). Mitte des 14. Jahrhunderts erreichte die Pest London. Fast die Hälfte der Bevölkerung fiel dem Schwarzen Tod zum Opfer. Die Stadt erholte sich trotz weiterer Pest-Epidemien immer wieder rasch.
Eine erste Blütezeit erlebte London unter Elisabeth I. (1533 - 1603). Gewerbe und vor allem der Handel weit über Westeuropa hinaus ließen die Geschäfte florieren. Im Jahr 1572 stieg London zum wichtigsten Hafen der Nordsee auf und erlebte außerdem eine kulturelle Blüte. Zu dieser Zeit wirkte auch der englische Dichter und Dramatiker Shakespeare in der Stadt. Das bekannteste Theater seiner Zeit war das Globe Theater, was heute noch als Rekonstruktion in der Nähe des historischen Standorts für Aufführungen besucht werden kann. Bis Anfang des 17. Jahrhunderts war nur ein schmaler Streifen entlang der Themse bebaut. Angrenzende Moorgebiete wurden entwässert und landwirtschaftlich genutzt. In den Jahren 1665/1666 wurde London gleich zweimal schwer vom Schicksal gebeutelt. Zunächst brach die Große Pest von London aus, die zwar letzte, aber folgenreichste Pestepidemie. Es wurden mehr als 70.000 Einwohner Londons dahingerafft, was einem Fünftel der damaligen Bevölkerung entsprach. Anfang September 1666 wütete der Große Brand von London, bei dem vier Fünftel der mittelalterlichen Stadt vernichtet und mehr als 100.000 Einwohner obdachlos wurden, doch gab es lediglich neun Todesopfer. Der Wiederaufbau wurde genutzt, um statt verwinkelter und enger Gassen breite Prachtstraßen und Plätze zu bauen. Als Baumaterialien waren nur Steine und Ziegel erlaubt. Adlige und reiche Bewohner verließen die City of London und ließen sich westlich der Stadt im West End nieder. Ärmere Bevölkerungsschichten siedelten dagegen östlich der Kernstadt in der Nähe der Docks. Dort fanden die Menschen in den stark expandierenden Hafenanlagen Arbeit. Um 1700 lag die Einwohnerzahl Londons bereits bei 600.000. Durch den Act of Union wurden die beiden Königreiche Schottland und England vereinigt und London die neue Hauptstadt. Ein flächenhaftes Wachstum der Stadt Richtung Süden wurde jedoch durch die Themse behindert. Erst die Eröffnung zweier weiterer Brücken im 18. Jahrhundert ermöglichte die flächendeckende Erschließung des Gebiets südlich des Flusslaufes.
Die von England ausgehende Industrielle Revolution Mitte des 18. Jahrhunderts und die Entstehung des "British Empire" mit zahlreichen Kolonien weltweit lassen London schließlich zur größten Stadt der Welt werden. Innerhalb von nur 100 Jahren stieg die Bevölkerungszahl von einer Million im Jahr 1800 auf knapp sieben Millionen an. London wurde politisch und kulturell sowie im Bereich des Handels und Finanzwesens Welthauptstadt. Das explosive Wachstum der Stadt schaffte hohen Wohlstand für einen kleinen Teil der Bevölkerung, während viele Arbeiter in extremer Armut unter unhygienischen Bedingungen in Elendsvierteln ihr Dasein fristeten. Der Bau von Eisenbahnstrecken ermöglichte in der Folge ein ungebremstes räumliches Ausbreiten der Stadt und die Entstehung von Vororten. Vor allem die Wohlhabenden zogen in die noblen Vororte, weit entfernt von den Luft- und Wasserverschmutzungen der industriellen Arbeiterquartiere rund um die Innenstadt. Besonders problematisch war die Abwasserentsorgung, welche bis Mitte des 19. Jahrhunderts über die Themse erfolgte. Das ungereinigte Abwasser führte zu verheerenden Choleraepidemien. Erst der Bau eines umfassenden Kanalisationssystems, das bis heute in Betrieb ist, verbesserte die hygienischen Zustände deutlich. Durch die Funktion als Hauptstadt eines Weltreiches wurden viele Einwanderer aus Kolonien und ärmeren Teilen Europas angezogen, was sich bis in die Gegenwart fortsetzt und London zu einer multikulturellen Stadt macht.
Anfang des 20. Jahrhunderts verlangsamte sich das Wachstum. Während des 2. Weltkrieges verursachten deutsche Luftangriffe schwere Schäden in London und forderten 30.000 Menschenleben. Von den Bombardements war vor allem der Osten der Stadt mit den Docklands betroffen. Die Wohnungsnot nach dem Krieg wurde zu einem ernsthaften Problem. Deshalb wurde der Bau von Satellitenstädten, wie in vielen anderen Großstädten weltweit, beschlossen. Um die zunehmende Zersiedlung in den Griff zu bekommen, durften nur noch außerhalb des Green Belts (Grüngürtel um London) neue Wohnquartiere entstehen oder überbaute Flächen umgenutzt werden. Ein Beispiel für ein Stadtumbauprojekt sind die Docklands (s. u.). Ende der 1990er-Jahre wurden anlässlich der Jahrtausendwende einige spektakuläre, mehr oder weniger erfolgreiche Projekte realisiert, z. B. der Millennium Dome, die Millennium Bridge und das Riesenrad London Eye. Im Juli 2005 wurde London als Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 2012 ausgewählt.


Wirtschaft und Infrastruktur

Nach wie vor ist London trotz der weltweiten einschneidenden Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2007 das Herz der britischen Wirtschaft, Zentrum des Welthandels und einer der wichtigsten Börsenplätze der Welt. Zahlreiche nationale und multinationale Unternehmen haben ihren Sitz in der Hauptstadtregion. Das BIP (Bruttoinlandsprodukt) von London ist höher als das manch kleiner Industrieländer und macht etwa ein Fünftel der wirtschaftlichen Gesamtleistung Großbritanniens aus. Fast ein Drittel der im Großraum lebenden Erwerbstätigen ist im Finanzsektor und im unternehmensorientierten Dienstleistungsbereich tätig. London gehört zu den größten Finanzzentren weltweit. Neben dem Finanz- und Verssicherungssektor sind die Bereiche Informations- und Telekommunikationstechnologie, Kunst und Design, Medien und Mode von Bedeutung. Ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor sind außerdem die jährlich etwa 27 Millionen Touristen. Die wichtigsten Zweige des Verarbeitenden Gewerbes sind die Druck-, Feinmechanik-, Elektro-, Nahrungsmittel- und Tabakindustrie sowie die chemische Industrie. Allerdings sind nur noch 10 % der Erwerbstätigen in diesem Sektor tätig. Zukunftsweisende Branchen der High-Tech-Industrie haben ihren Standort meist in den äußeren Bezirken Londons.
London ist der wichtigste Verkehrsknoten Großbritanniens. In der Megacity gibt es fünf internationale Flughäfen, die im Jahr 2011 ca. 132 Mio. Passagiere abgefertigt haben. Der größte Airport mit rund 70 Mio. Gästen jährlich ist London Heathrow. Kurz nach dem 2. Weltkrieg wurde der Flughafen London Heathrow für die zivile Luftfahrt freigegeben und entwickelte sich bis heute zum größten Airport Europas.
In London wurde im Jahr 1863 der erste Abschnitt der Untergrundbahn freigegeben, somit gilt die "tube" (dt. "Röhre") als älteste Metro der Welt. Die London Underground besitzt mit 402 km heute das längste Streckennetz der Welt. Im Jahr 2010 nutzten 1,1 Mrd. Fahrgäste die derzeit 270 Stationen. Während die Stadtteile nördlich der Themse überwiegend durch die Metro angebunden sind, werden die Bezirke südlich der Themse durch Eisenbahnlinien erschlossen. Doppelt so viele Fahrgäste wie durch die Metro werden durch die 700 Linien der Londoner Busse erschlossen. Die roten Doppeldeckerbusse sind beliebte Touristenattraktionen. Im Jahr 2003 wurde die London City Maut (Congestion Charge) eingeführt, um das individuelle Verkehrsaufkommen in der überlasteten Innenstadt zu reduzieren. Seit der Einführung hat sich der Verkehr um etwa ein Drittel reduziert.


Exkurs: Docklands

Die Docklands gelten als Beispiel für eine erfolgreiche Umnutzung ehemals altindustrieller innerstädtischer Bereiche. Seit dem Mittelalter wurden die Docklands als Werft, Umschlagplatz und Lager genutzt und entwickelten sich zum größten Hafengelände der Welt. Tausende Arbeiter verrichteten hier unter z. T. menschenunwürdigen Bedingungen täglich ihre Arbeit. Während des 2. Weltkriegs wurden die Docklands stark beschädigt, erlebten in den 1950er-Jahren jedoch einen starken Aufschwung. Mit der Einführung der großen Containerschiffe kam das plötzliche Aus für die innenstadtnahen Docklands. Die großen Containerschiffe ankerten weiter flussabwärts in modernen Hochseehäfen. Bis 1980 wurden sämtliche Docks geschlossen. Als Folge stieg die Arbeitslosigkeit, die betroffenen Stadtteile verarmten und die Hafenanlagen verfielen. Erste Ideen zur Umnutzung der Brachen kamen zwar mit dem beginnenden Niedergang, wurden jedoch erst Anfang der 1980er-Jahre umgesetzt. Spezielle Steuererleichterungen zogen Unternehmen an und machten das Gebiet zu einem interessanten Immobilienstandort. In den 1980er- und 1990er-Jahren wurden weite Teile der Docklands in Wohn-, Büro- und Geschäftszonen umgewandelt. Die schlechte Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, die Nichtbeachtung der Bedürfnisse der Londoner Bevölkerung und die Immobilienkrise Anfang der 1990er-Jahre verhinderten zunächst einen Erfolg der neuen Docklands. Seit Ende der 1990er-Jahre gelten die Docklands aber als beliebter Unternehmens- und Wohnstandort und Alternative zur übervölkerten City. Das Herzstück bildet der riesige Bürokomplex "Canary Wharf". Die Einwohnerzahl hat sich mehr als 20 Jahre nach der Umstrukturierung verdoppelt. In alten, sanierten Hafenanlagen ist heute exklusives Wohnen an der Themse möglich, in den Docks ankern Yachten statt Handelsschiffe. Neue Restaurants, Bars, Kneipen, Fitness-Studios, Einkaufsläden und -zentren machen das Viertel zu einer anhaltenden Erfolgsgeschichte der Stadtentwicklung.



Canary Wharf, London (Corel Corporation)


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Mirko Ellrich, Christian Neuhaus
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2007
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 20.03.2012